Ein Zeitzeuge berichtet

14.08.2024

Gleich zu Beginn des neuen Schuljahres gab es für alle Zehntklässlerinnen und Zehntklässler und die CIWI-AG-Mitglieder aus Klasse 9 ein besonderes Erlebnis: Den Besuch von John Rosenberg und seiner Familie aus den USA.

John Rosenberg, der heute 93 Jahre alt ist, hat als Kind die Zerstörung der Magdeburger Synagoge erlebt, für ihn, seinen Bruder Harry und seine Eltern Gerta und Rudolf Rosenberg waren am Vortag Stolpersteine neben dem Denkmal am Platz der Alten Synagoge verlegt worden. Aus diesem Anlass war er mit seiner Frau, seinem Bruder, dessen Sohn und Schwiegertochter und zwei Enkelkindern nach Magdeburg gekommen.

Ein Jahr lang hatte die CIWI-AG auf Anregung der Arbeitsgruppe „Stolpersteine für Magdeburg“ die Geschichte des jüdischen Religionslehrers Rudolf Rosenberg und seiner Familie erforscht und dabei erfahren, dass Rudolf, seiner Frau und seinen beiden Söhnen die Flucht in die USA gelang, dass aber mehrere seiner Geschwister und weitere Verwandte in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern umkamen.

In der Aula des ÖDG berichtete John Rosenberg anschaulich von seinen Erinnerungen an die Zeit in Magdeburg und hob dabei hervor, dass seine Familie eine ganz normale deutsche Familie gewesen sei, gut vernetzt in der Stadt und mit vielen Freunden innerhalb und außerhalb der jüdischen Gemeinde. Die Nacht vom 9. November 1938 änderte alles. John, der damals noch Hans hieß, war 7 Jahre alt und stand mit seiner Familie im Hof der Synagoge, als diese gesprengt wurde und musste mit ansehen, wie die heiligen Bücher der Gemeinde verbrannt wurden.

John Rosenberg erzählte von der Verhaftung des Vaters und dessen Internierung in Buchenwald, von der Flucht der Familie über Rotterdam in die USA und von dem schwierigen Neuanfang in der neuen Heimat. Es war beeindruckend, dem lebhaften 93jährigen zuzuhören und dabei auch zu erfahren, dass er und seine Frau sich in den ersten Jahren ihrer Tätigkeit als Anwälte für die Abschaffung der Rassentrennung und später für die Gleichberechtigung aller amerikanischer Bürgerinnen und Bürger gleich welcher Hautfarbe engagierten. Er sieht es als seine Aufgabe an, jungen Menschen von seiner Lebensgeschichte zu erzählen und tut das regelmäßig an Schulen zu Hause in Kentucky und nun auch am Ökumenischen Domgymnasium. Geschichtsunterricht zum Anfassen!

Die Mitglieder der CIWI-AG wirkten bei der Verlegung der Stolpersteine mit und trugen u.a. Auszüge aus den Texten vor, die zur Familiengeschichte entstanden sind. Die beiden Steine für John und Harry wurden von den Geldern finanziert, die die jetzigen 9. Klassen im letzten Schuljahr im Rahmen der Wochen gegen Rassismus mit ihrem Regenbogenbasar gesammelt hatten. Das ÖDG übernimmt neben den bereits bestehenden Patenschaften für Stolpersteine nun auch die für diese beiden Steine.

Wer mehr über die Geschichte der Familie Rosenberg nachlesen möchte, kann das unter diesem Link tun:

https://www.magdeburg.de/PDF/Rosenberg_Rudolf_Familie.PDF?ObjSvrID=698&ObjID=21778&ObjLa=1&Ext=PDF&WTR=1&_ts=1722574765


Für die CIWI-AG
Kerstin Köppe


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